Zum zweiten Mal, nach 2013, bereite ich mich auf den Gigathlon vor. Die Vorzeichen waren dieses Jahr etwas anders als vor zwei Jahren. Einerseits kann ich einige Trainingsjahre und -stunden mehr aufweisen und andererseits startete ich dieses Jahr im Hauptwettkampf.
Ich konnte trotz der Arbeit an der Schule mich dementsprechend gut Vorbereiten. Die Motivation war wirklich gross. Das Ziel war ein Platz unter den Top 5, obwohl ich nicht genau wusste, wie das Leistungsniveau genau aussah.
Die ganze Woche war ich schon in Gigathlon-Stimmung, ein muss vor einem solchen Wettkampf: Logistik-Planung, Material bereitstellen, Supporter instruieren, grobe Zeitplanung erstellen, Verpflegung abpacken, und und und... Zum Glück hatte ich in den Tagen vor dem Wettkampf Ferien und konnte mir genug Zeit dafür nehmen.
Am Freitag stand ein Prolog über 8km Bike und 2km Lauf auf dem Programm. Gestartet wurde jeweils zu viert. Meine Taktik war ganz klar: Angriff! Der Plan ging aber nicht wirklich auf. Bei der Einfahrt auf den ersten kurzen Singletrail-Abschnitt rutschte mir das Vorderrad weg und ich fiel hin, musste anschliessen den Lenker noch richten. Ich ärgerte mich enorm über mich selbst, aber immerhin konnte ich weiterfahren und das Bike war auch noch in Ordnung. Nach einem schnellen Wechsel drehte ich nochmals richtig auf. Die abwechslungsreiche Laufstrecke durch die Altstadt und durch(!) ein Museum absolvierte ich als Zweitschnellster von allen und konnte den "Mini-Schaden" noch in Grenzen halten. Mit ca. 1:30min Rückstand auf Gabriel Lombriser war ich zwar bei diesem Prolog als 11. nicht dort, wo ich sein wollte, aber was sind schon zehn Kilometer am Freitag, wenn an den folgenden zwei Tagen noch 406 Kilometer auf dem Programm stehen.
Nach einer angenehmen Nacht begann der Morgen um 03:30 Uhr in einem Sitzungszimmer des Hotels mit einem Lunchpaket (ich erwähne nichts weiter zur Flexibilität des Hotels...). Der Start erfolgte um 06:00 Uhr beim Schachen in Aarau auf dem Bike. Ich ging die Pace der Single-Spitze bis zum höchsten Punkt mit und bei der Abfahrt versuchte ich nicht noch einmal zu stürzen. Leider gelang mir dies nicht und nach einer Stunde des Rennens landete ich nach einem Salto vorwärts mit dem Bike neben der Strecke. An mich dachte ich erst gar nicht. Ich hatte am meisten Angst, dass das Bike beschädigt war und ich nicht mehr weiterfahren konnte. Doch alles funktionierte noch. Während der weiterfahrt stellte ich noch einige Schürfungen an der Schulter, der Hand und später an den Hüften fest. Ich war dann froh, als ich nach der ersten Wechselzone in die Aare durfte. Während den neun Kilometer in der langsamen Aare kam ich gut voran. Erst beim ausstieg bemerkte ich, dass ich wieder an der Spitze des Rennens lag. In der Wechselzone warteten neben meinen Supportern Meli und Pirmin noch zwei Sanitäter, die mich an meinen Wunden, während dem Wechsel auf die Inline desinfizierten - das nenne ich Service! In einer Gruppe konnte ich ein, für mich, gutes Tempo einschlagen und stieg an 5. Position in die Laufschuhe. Es fühlte sich alles noch gut an. Auf einmal überholte mich Ramon in einem sehr zügigen Tempo und ich wusste nicht, ob ich aufdrehen sollte oder nicht. Schliesslich ging ich mein Tempo weiter. In Windisch wartete nämlich noch eine knackige Velostrecke über 96km und knapp 2000hm auf uns. Ich erhoffte mir, bei diese Teilstrecke, etwas mutiger zu fahren, doch irgendwie fuhr ich eher passiv. Dennoch erreichte ich das Ziel in Aarau nach dem ersten Tag als 6.
Duschen, Eisbad, Essen, Tag 2 vorbereiten, Wecker stellen und schlafen bis 03:00 Uhr hiess es.
Am Sonntag starteten wir im Jagdstart, also der erste vom Samstag um 05:00 Uhr und ich mit ca. 30min Rückstand somit um ca. 05:30 Uhr. Mir fiel am Morgen auf, dass die Prologzeit nicht eingerechnet wurde und wir meldeten dies. Es hiess auf einmal, dass diese nun doch nicht zum Hauptwettkampf zähle (?!?!) - später mehr dazu. Ich startete nur wenige Minuten hinter Max Schneble und Roman Rölli. Bald konnte ich auf der Velostrecke auf Max und eine Couple-Frau aufschliessen. Gemeinsam schlossen wir später auf Roman auf. Das Schwimmen im Hallwylersee wurde von 3km auf 2km gekürzt (weil der See zu warm war - "kein Seich!" ;-) ). Im Wasser verlor ich nach der Hälfte ein wenig die Orientierung und wusste nicht, welches die nächste Boje war, die ich anschwimmen musste. Dennoch war das Schwimmen wieder prima und ich konnte meine Leistung abrufen. Aus dem Wasser, ging es noch einmal für 64km zurück aufs Velo bis nach Aarau. Auf dieser Strecke war ich anfangs ganz alleine, bis dann zwei Team-of-Five-Velofahrer zusammen mit Single Athlet Peter Portman an mir vorbeifuhren. Ich schloss mich der Gruppe an, doch nicht für lange. Sie kickten jeden Anstieg hoch und mir war die Fahrweise und die Pace zu hoch (oder anders gesagt, ich hatte nicht den Mut mitzufahren). In Aarau wechselten ich auf das letzte Mal auf die Inline. Also auch das letzte Mal grosse Schmerzen an den Füssen. Ich weiss wirklich immer noch nicht, wie man sich in diesen Schuhen über längere Strecken ohne Blasen fortbewegen kann. Vielleicht kann es mir mal einer sagen. Nach der 27km Runde, mit einem ermüdenden Aufstieg, war ich froh, wieder in Aarau zu sein und aufs Bike steigen zu können. Roman Rölli wechselte kurz nach mir aufs Bike und schloss auf mich auf, überholte mich und weg war er. Einmal mehr meine eigene Pace gehalten. Die Stecke war technisch nicht anspruchsvoll, was mir aber irgendwie nach 16 Rennstunden auch egal war. Einzig in Gränichen wurden auf dem Bikelehrpfad einige technischere Passagen eingebaut. Sehr amüsant waren auch die zwei Fahrverbote in den Wäldern. Also das Stossen des Bikes war wesentlich gefährlicher, als wenn man gefahren wäre. Ich glaube aber, dass dort das Problem bei den Behörden lag. Ach ja, übrigens, mein kleines Tagesziel: auf dem Bike nicht zu stürzen, habe ich erreicht! Als siebter schickte mich Meli auf die abschliessende Halbmarathon-Laufstrecke. Ich war mental immer noch völlig locker drauf. Pirmin durfte als Supporter mich mit dem Bike begleiten und verpflegen. Mir wurde bestimmt nie langweilig, ich konnte aber immer fokussiert bleiben. Auch hier lag der Fokus wieder auf der angenehmen Pace. Ich lief die abschliessende Strecke nicht schlecht, aber ans Limit ging ich dennoch nicht wirklich. Von hinten wurde ich nicht bedroht und nach vorne erhoffte ich mir schon, dass ich noch einen Platz gutmachen könnte. Nach 19 Stunden 58 Minuten 2 Sekunden und 2 Zehntel überquerte ich die Ziellinie in Aarau. 2 Zehntel - who cares? Mich! Wegen nur zwei Zehntel lag ich auf dem 7. und nicht auf dem 6. Schlussrang. Die Prologzeiten wurden schlussendlich doch noch aufgerechnet und so war ich noch näher an Peter Portmann, dem 6. platzierten dran. So gab es leider nur einen virtuellen Schlusssprint. Natürlich mag ich Peter den 6. Platz gönnen, er kam schliesslich auch als 6. in Aarau an!
Im Ziel habe ich mich vor allem riesig darüber gefreut, dass mein Teamkolleg Ramon alles durchgezogen und zuoberst auf dem Podest stehen konnte! Congrats Rämu!
Meine Leistung war sehr solid und ich darf damit auch zufrieden sein. Ich bin es auch. Die Strategie war sicherlich in Ordnung, denn der Grat zwischen schneller sein und nicht finishen ist sehr schmal.
Mehr als zufrieden bin ich mit der Leistung meiner Supporter Meli und Pirmin! Hey, ihr wart einfach 1A! Die Aufgabe der Supporter ich unheimlich wichtig. Sie müssen schliesslich alles so vorbereiten, wie ich es möchte. Die Tage sind auch für sie stessig und ermüdend! Sie haben enorm viel zum 7. Platz beigetragen! Danke euch beiden herzlich!!!
Auch ein "Merci" an die Supporter meiner Kollegen, die da und dort geholfen haben.
Natürlich möchte ich mich auch beim Free Mountain Racing Team und seinen Sponsoren bedanken! So gut ausgerüstet habe ich noch nie einen Wettkampf bestritten! Auch ein Dank an DT Swiss für den Laufradsatz!
Einmal mehr hat es mich gefreut, dass meine Eltern mich am Streckenrand angefeuert haben. Schön, auf eure Unterstützung zählen zu können!
Nicht vergessen möchte ich das ganze OK und die vielen freiwilligen Helfer in den orangen Shirts. Ohne euch wäre solch ein Event nicht möglich!
Wie es nächstes Jahr in Sachen Gigathlon bei mir weitergeht, weiss ich noch nicht. Da gibt es ja anscheinend viele Optionen: Uri/Tessin, Tschechien oder Mexiko. Jetzt steht erst mal ein bisschen Erholung an, danach geht es ins wunderschöne Engadin mit Ferien und Training! ;-)
Die nächsten Saisonhighlights stehen an und die Motivation ist immer noch voll da!